Dirk Maassen

„Am Meer zu stehen, hat für mich eine ungeheure Faszination“, sagt Pianist Dirk Maassen, der eigentlich Elektrotechnik studiert hat, mit seinen einfühlsamen Piano-Kompositionen im Internet aber Millionen Menschen begeistert. „Du kommst runter, findest zu dir selbst und kannst die ganze Ablenkung des Alltags hinter dir lassen.“ Der Pianist, 1970 in Würselen bei Aachen geboren und seit 20 Jahren in Ulm ansässig, liebt das Meer. Die Nordsee, die Ostsee, den Atlantik. 

Damals in der Kirche. St. Josef Straß in Herzogenrath, ein paar Kilometer nördlich von Aachen. Bei seinem ersten Besuch dort ist der kleine Dirk ergriffen vom Klang der Orgel. „Ich habe Musik sehr früh als etwas Wundervolles für mich entdeckt“, sagt er. „Und wie in der Kirche die Musik zelebriert wird, das hat mich tief beeindruckt.“ Auch die Eltern sind musikalisch, er probiert aus, Akkordeon, Mundharmonika, schließlich will er mit zehn so richtig das Klavierspiel lernen. Tatsächlich nimmt ihn der Organist von St. Josef in seine Obhut, Maassen lernt parallel das Spiel auf der Kirchenorgel und auf dem Klavier. Doch statt irgendwann die Nachfolge an der Orgel anzutreten, gründet Dirk Maassen mit 14 Jahren zusammen mit ein paar Freunden eine Synthie-Pop-Band. Es ist 1984, „und wir haben uns schon als Vorgruppe von Depeche Mode gesehen“. Damals habe ihn nicht nur der Sound neuer und für ihn fremdartiger Klangwelten, sondern auch die technische Funktionsweise eines Synthesizers schwer begeistert. Man nennt sich „In Contact“, bringt sogar zwei Alben raus und aktiviert bei Konzerten im Aachener Raum bis zu 500 Zuschauer. „Gefühlt waren wir schon Weltstars“, so Maassen lachend und mit dem Abstand von gut 30 Jahren.

Es kommt anders, natürlich tut es das. Nach dem Abitur studiert Dirk Maassen Elektrotechnik, er zieht für den Job nach Ulm. Heute leitet er den Entwicklungsbereich eines Software-Unternehmens. Den Brotberuf will er auch nicht aufgeben. „Mich künstlerisch ausdrücken zu können, ohne dabei auf finanziellen Erfolg schielen zu müssen, das ist für mich Freiheit.“ Die Liebe zum Klavierspiel jedoch ist in all den Jahren keineswegs abgekühlt. „Ich habe immer gespielt, aber rein als Selbstzweck. Das Piano war und ist für mich eine Art Tagebuch. Alles, was mich beschäftigt, bewegt und beeindruckt, das gieße ich in Musik. Das können Naturereignisse sein oder auch zwischenmenschliche Dinge. Wenn ich am Klavier sitze, trete ich ein in einen Dialog mit mir selbst.“ 

Im Jahr 2010 macht Dirk Maassen Schluss mit der heimlichen Liebe zum Piano. Freunde ermutigen ihn, seine Klavierstücke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und mit einem fröhlichen „Warum nicht?“ lädt Dirk schließlich eine Komposition bei SoundCloud hoch. Zwei Tage später hat er plötzlich über 1.000 Mails mit euphorischen Kommentaren auf seinem Handy. Die Hörer lieben seine Komposition, und so geht es hoch bis zur „Nummer 1“ des Genres Klassik bei SoundCloud. To The Sky schafft es so auf die SoundCloud-Startseite und erreicht in der Folge noch mehr Menschen. Was nun? Noch ein Stück hochladen, dann noch eins, sich professionelleres Aufnahme-Equipment zulegen, ein Studio mieten, nach anfänglicher Anonymität auch mal ein Foto von sich posten. 

Die Geschehnisse nehmen ihren Lauf: Dirk Maassen macht seine Stücke bei weiteren Streaming-Services verfügbar, und auch hier ist der Zuspruch enorm. Sie finden sich kurz nach der Veröffentlichung auf der „Peaceful Piano“-Playlist von Spotify wieder – eine der populärsten Playlists der Plattform. Auch bei iTunes und amazon wird seine Musik täglich mehr als 80 Tausend mal geklickt , und Hörer laden ihn nach Finnland, Australien, sogar in den Iran ein. Schnell stellt er fest: „Ich habe eine Hörerschaft aus allen Kultur- und Religionskreisen.“ Maassens Lieder funktionieren universell und international, sie ergreifen die Hörer, beruhigen und entspannen, wirken entschleunigend, und zugleich passiert in seinen Kompositionen eine Menge. 

Mit diesem Erfolg war es der nächste logische Schritt für Dirk Maassen: ein Konzert zu organisieren. Zu seinem ersten Auftritt in seinem Ulmer Studio lädt er gerade mal sieben Leute ein um – ein Experiment um für sich selber herauszufinden, ob er diesen Schritt gehen kann und will. Es gelang – Mittlerweile füllt Dirk Maassen international große Konzertsäle. Neben den großen Metropolen in Deutschland führte ihn seine jüngste Tour  in die Schweiz, nach England, Spanien und die Niederlande.

Nach Jahren des Alles-selber-Machens hat sich Maassen nun für eine exklusive Zusammenarbeit in die Obhut von Sony Classical begeben, der Heimat von Weltstars wie Yo-Yo Ma oder Legenden wie Glenn Gould. „Ich muss nicht auf Biegen und Brechen eine Weltkarriere machen, doch mein großer Traum ist, auf der ganzen Welt zu spielen, und ich freue mich, dass ein Label wie Sony Classical diesen Traum mit mir teilt.“ Fragt man den 42-jährigen Pianisten, was seine Stücke so einzigartig macht, denkt Dirk Maassen einen Moment lang nach. Er ist auch kein Mann des Geschwafels. „Zum einen dient meine Musik als wichtiger und willkommener Kontrapunkt in einer immer schnelleren und durchdigitalisierten Welt“, so seine Theorie. „Was ich spiele, ist authentisch. Ich lebe meine Musik und lasse all meine Erfahrungen und die kleinen und großen Fragestellungen des Lebens darin einfließen. Und ich glaube, in der Art, wie ich spiele, erkennen die Menschen, wie sehr ich mit der Musik verbunden bin. Am Piano lebe ich auf und bin vollkommen bei mir.“